Patienteninfo / Presse
Anfang 2012 gab die Techniker Krankenkasse als erste gesetzliche Krankenkasse bekannt, fortan osteopathische Behandlungen anteilig zu erstatten. Diesem Beispiel sind seitdem mehr als 70 weitere Krankenkassen gefolgt, sodass heute in 2013 über 30 Millionen gesetzlich Versicherte die Osteopathie in Anspruch nehmen können. Art und Umfang der Erstattung ist dabei von Kasse zu Kasse anders geregelt, Voraussetzung ist aber meist ein Qualifikationsnachweis des Therapeuten, da die Bezeichnung „Osteopath“ in Deutschland – außer in Hessen – nicht geschützt ist. Was viele aber nicht wissen: Auch die Qualifikationen unterscheiden sich, da die osteopathische Ausbildung in Deutschland nicht einheitlich geregelt ist. Patienten sollten deshalb bei der Wahl ihres Therapeuten unbedingt genauer hinsehen.
Die Erstattungspraxis osteopathischer Leistungen ist dabei weitestgehend ähnlich: Aus leistungsrechtlichen Gründen muss der Krankenversicherung vorab eine osteopathische Behandlung von ärztlicher Seite bescheinigt werden, die Behandlung selbst anschließend durch einen Osteopathen durchgeführt werden, der entweder Mitglied in einem osteopathischen Fachverband ist oder über eine Ausbildung verfügt, die zum Beitritt in einen solchen Verband berechtigt. Dieser Qualifikationsnachweis ist notwendig, da es derzeit keinen eigenständigen Berufsstand Osteopath gibt. Der Begriff „Osteopath“ ist nur in Hessen geschützt, wo er eine Weiterbildung für Physiotherapeuten und Heilpraktiker bezeichnet. Da die Osteopathie in Deutschland zur Heilkunde zählt, darf sie nach deutschem Recht nur von Ärzten und Heilpraktikern selbstständig ausgeübt werden. Auf Veranlassung eines Arztes können aber andere Therapeuten osteopathische Behandlungen durchführen.
Viele Kassen listen Namen einzelner Osteopathieverbände auf, die Techniker Krankenkasse nennt beispielsweise 17 verschiedene Verbände. Doch so wie die osteopathische Ausbildung nicht einheitlich geregelt ist, sind auch die Anforderungen an eine Mitgliedschaft in den diversen Verbänden unterschiedlich. Für Kassen wie Patienten sind diese Unterschiede kaum zu durchschauen. Versicherte der Techniker Krankenkasse können beispielsweise zurzeit zwischen Physiotherapeuten mit Weiterbildung in manueller Therapie und einer Ausbildung in „osteopathischen Verfahren“ von 300 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten und Osteopathen mit einer berufsbegleitenden Ausbildung von 1.350 Unterrichtseinheiten wählen. Für eine anteilige Erstattung durch die Kasse spielt diese unterschiedliche Ausbildungsdauer keine Rolle, für die Qualität der Behandlung ist sie entscheidend.
Bereits in 2010 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Empfehlungen zur notwendigen Ausbildungsdauer in Osteopathie ausgesprochen: Für angehende Osteopathen ohne heilberufliche Erfahrung empfiehlt die WHO eine Vollzeitausbildung von 4.200 Stunden, für Osteopathen mit heilberuflicher Erfahrung eine berufsbegleitende Ausbildung von mindestens 1.000 Stunden (= ca. 1.333 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten).
Osteopathie heute
Die Patientenzeitschrift des bvo, Bundesverband Osteopathie e.V.
Liebe Eltern,
Osteopathie ist eine Behandlungsform, die sich seit ihren Anfängen vor 130 Jahren rasch verbreitet und weiterentwickelt hat. Die wichtigste Erkenntnis ihres Begründers Dr. A.T. Still (1828-1917) bestand darin, dass im menschlichen Körper eine untrennbare Verbindung zwischen Struktur und Funktion besteht. Der Mensch wird in seiner körperlich-seelischen Einheit gesehen.
Dr. W.G. Sutherland integrierte in langjährigen Forschungen den Bereich der Kinderosteopathie in das ganzheitliche Behandlungssystem von A.T. Still und postulierte unter anderem
„wie der Ast gebogen wird, so wächst der Baum“.
Eine Integration der osteopathischen Untersuchung und Behandlung in ein Vorsorgeschema liegt nahe. Während jeder Untersuchung werden Auffälligkeiten im funktionellen Zusammenhang gleich mit behandelt. Ein rechtzeitiges Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt und danach entstanden sind, erleichtert die Entwicklung des Kindes. Wir empfehlen folgende Zeiträume für eine Untersuchung:
- 0.-12. Lebenswoche
- 10.-14. Lebensmonat
- 5.-7. Lebensjahr
- 12.-15. Lebensjahr
Falls Sie zwischen diesen Untersuchungsterminen Fragen haben, können Sie sich jederzeit an uns wenden.
Ihr Praxisteam
Im Urteil vom 08.09.2015, Az. I-20-U-236/13, bestätigt das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass Physiotherapeuten nur dann Osteopathie ausüben dürfen, wenn sie die Qualifikation des uneingeschränkten Heilpraktikers nachweisen können. Das Landgericht Düsseldorf hatte einen Physiotherapeuten im Vorfeld der oben genannten Entscheidung des OLG jegliche Art von Werbung mit Osteopathie untersagt. Das Landgericht rechtfertigte seinen Standpunkt damit, dass der Physiotherapeut nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) die Osteopathie nicht ausüben dürfe.
Das OLG bestätigte nun in nächster Instanz diese Entscheidung.
Zufriedene Patienten sind ein Zeichen dafür, dass der Osteopath gute Arbeit geleistet hat. Doch woher weiß der Patient, welche Praxis er aufsuchen und welche Kriterien er bei seiner Entscheidung beachten soll? Um Licht ins Dunkel zu bringen, fordert Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe weitere Qualitätsnachweise im Gesundheitssystem. Zwar ist in Deutschland eine Zertifizierung nach der aktuell gültigen DIN EN ISO 9001:2008/2015 im Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Arztpraxen etc.) noch nicht vorgeschrieben, doch Kliniken, Vertragsärzte und -psychotherapeuten sind seit 2006 gesetzlich zur Einführung von Qualitätsmanagement in ihren Praxen verpflichtet.
Transparenz und Sicherheit
Um hier eine Transparenz und eine optimierte Zusammenarbeit mit Akteuren im Gesundheitswesen zu gewährleisten, hat sich der BVO entschieden, in die Offensive zu gehen: Ab sofort können Mitglieder die Qualität ihrer Praxen extern prüfen und damit zertifizieren lassen. Mit diesem freiwilligen Schritt unterstreicht der BVO die qualitative Patientenbetreuung und -versorgung durch bestätigte, patientenorientierte Prozessoptimierung und damit größtmögliche Patientensicherheit in Osteopathiepraxen. Das Zertifikat hilft auch, die Qualität für Patienten und Kostenträger sichtbarer zu machen. Zugleich ist es ein ideales Instrument, um die Forderung nach der staatlichen Anerkennung der Osteopathie als eigenständigen Beruf mit Primärkontakt und damit als weitere Säule in der Patientenversorgung gegenüber der Politik zu bekräftigen.